Medienberatung gefällig, Sandro Wagner?

Um eines klar vorneweg zu sagen: ich mag Menschen mit Meinung und Persönlichkeit. Sportler, die sich über die Grenzen des Spielfeldes hinaus Gedanken machen und Position beziehen. So wie Sie das in ihrem Interview bei den Kollegen der BILD getan haben.

Menschen mit klarer Meinung und Kante ecken an, polarisieren und müssen auch den möglicherweise entstehenden Gegenwind aushalten können. Damit haben Sie kein Problem, wie Sie deutlich zum Ausdruck gebracht haben.

Sie benötigen keinen persönlichen Medienberater, der Ihnen rät: „Sag das oder das!“, Sie sagen immer was Sie denken, sonst „würden Sie sich nicht wohlfühlen.“ Völlig in Ordnung.

Aber manchmal ist es extrem lohnenswert, sich mit Fachleuten auszutauschen. Auch mit jemanden, der Ihnen aufgrund seiner Erfahrungen und Kenntnisse in der Fußball-Medienbranche Hinweise und Denkanstöße geben kann. Medienberatung zu reduzieren auf den Ratschlag, dies oder jenes zu sagen, um zu gefallen, ist schlichtweg Unsinn. Was spricht denn dagegen, sich vor einem solchen Interview ein paar Gedanken zu machen und diese mit einem Fachmann im Vertrauen zu besprechen?

Vielleicht hätte der Ihnen gesagt, dass er es gut findet, sich als politisch stark interessierter Mensch zu outen („Politik ist ein großes Hobby von mir.“). Sie können sich als Sympathisant der CSU später sogar eine kleine Funktion in der Politik vorstellen. Aber wahrscheinlich hätte er Ihnen dann auch geraten, diese Position und die Kritik an der Kanzlerin („Ich bin kein Fan der Merkel-Politik.“) mit zumindest einem Argument oder einer Sichtweise zu stützen.

 

Ihre Ansichten zur Neiddebatte in Deutschland („Wenn Du bei uns ein gutes Auto hast, musst Du es fünf Ecken weiter parken, damit keiner neidisch ist.“) oder auch die These, dass „auch die bei Bayern zu wenig verdienen – 12 Millionen oder so“ sind zwar einerseits mutig, aber letztendlich zu wenig differenziert, um über das Getöse hinaus, welches solche Aussagen nach sich ziehen, eventuell wirklich eine Debatte zu entfachen.

Wie gesagt, ich mag Menschen, die ihre Meinung vertreten. Sei sie auch streitbar. Respekt nötigt mir ab, wenn der Vertreter dieser Meinung mir dann aber zusätzlich den Eindruck vermittelt, dass er sich zuvor differenziert mit dem Thema auseinandergesetzt hat. Das passiert heutzutage, wo es in der sich immer schneller drehenden Medienwelt in erster Linie um Aufmerksamkeit (beinahe um jeden Preis) zu gehen scheint, leider viel zu selten.

Seine klaren und auch differenzierten Meinungen zu teilen, seine persönliche Haltungen zu verdeutlichen und öffentlich zu machen, das können neben den klassischen heutzutage die soziale Medien leisten. Sie müssen nicht die sozialen Netzwerke nutzen, um dort die von Ihnen zitierten "Fotos mit dem Hamster" zu posten und sich damit den Followern möglichst freundlich und nahbar zu präsentieren. Sie wollen Ihre Meinung sagen, weil Sie eine haben. Sie wollen auch keine Dinge tun, nur um den Leuten zu gefallen. Kein Problem. Seien Sie Sandro Wagner! Mit Meinung, mit Ecken und Kanten. Es spricht nichts dagegen. Es spricht aber auch nichts dagegen, dies in den sozialen Netzwerken zu tun. Im Gegenteil! So lernen Ihre Fans Sie näher und besser kennen. Meinung und Haltung braucht Mut. Aber auch Argumente! Argumente, die nachvollziehbar machen, warum Sie so denken wie Sie denken. Jeder kann dann für sich entscheiden, ob er das gut findet oder eben nicht. Aber zum Beispiel die „Merkel-Politik“ zu kritisieren, ohne dies ansatzweise zu stützen und mit dem Satz „mehr will ich dazu nicht sagen“ stehen zu lassen, ist eine vergebene Chance zur Glaubwürdigkeit. Authentizität aber ist es, was die Menschen zum Zuhören bringt. Sie wollen nicht nur reden, sondern auch etwas sagen. Und das muss echt sein.

Medienberatung bedeutet für mich auch Persönlichkeitsentwicklung. Persönlichkeit macht unterscheidbar. Sie wollen unterscheidbar sein! Sie sehen sich als Typ!

Es sind verschiedene Faktoren, die einen Typen ausmachen. Man wird aber nicht als Persönlichkeit geboren. Man entwickelt sich zur Persönlichkeit. Sich auf dem Weg zur Persönlichkeit Tipps einzuholen, ist nichts schlechtes. So wie Ihnen der Trainer Handlungsoptionen und Hinweise für Ihr Spiel mit auf den Weg gibt, Ihnen verdeutlicht, warum es für Sie als Stürmer Sinn macht, den gegnerischen Innenverteidiger im Bogen oder den Torwart auf seinem starken Fuß anzulaufen, den Spielaufbau des Gegners in die eine oder andere Richtung zu leiten oder wie Sie Ihr Spiel im Strafraum verbessern können, so kann es in dieser sich immer schneller drehenden medialen Fußballwelt durchaus Sinn machen, sich hin und wieder auch mit seinem öffentlichen Auftritt als Fußballprofi auseinanderzusetzen.

Ein Medienberater regt zum Nachdenken an, zum Bewusstmachen, zum Auseinandersetzen mit Situationen.

Was Sie letztendlich daraus machen, ist und bleibt ganz allein Ihr Ding!

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